Unser fünfter Grenzübergang, ein himmelblauer Fluss und unsere Faultierpremiere

Unser fünfter Grenzübergang, ein himmelblauer Fluss und unsere Faultierpremiere

Unser fünfter Grenzübergang steht bevor – also heißt es Rucksäcke satteln und „Goodbye, du schönes Nicaragua!“. Wir erzählen dem Busschreier (der Helfer des Busfahrers in Sachen Kassieren, Schreien um Mitfahrer zu aquirieren, konkurierende Busunternehmer während der Fahrt laut anzupöbeln, Gepäck auf dem Dach fixieren und generell Allrounder), dass wir an der großen Kreuzung aussteigen wollen, an der die Busse Richtung Grenze vorbei kommen. Vor lauter Gequatsche und guten Busgesprächen verpassen wir natürlich unseren Stopp. Als wir das bemerken geht der Busfahrer auf die Eisen, schmeißt uns irgendwo an einer stark befahrenen Straße im Nirgendwo raus – „der Bus Richtung Grenze kommt schon irgendwann dort vorbei“. So stehen wir also in der brütenden Mittagshitze mit all unserem Gepäck, schwitzen und freuen uns als 30 Minuten später ein Bus angerauscht kommt aus dem der Schreier uns schon von weitem ein fragendes „Fronteraaaa?“ („Grenze?“) zuruft. Wir signalisieren ihm „ja“, der Bus wird langsamer, der Schreier springt raus, reißt uns die Rucksäcke aus der Hand, rennt weiter neben dem langsamer rollenden (aber nicht stehenden Bus) her, feuert uns mit „Rapidooo! Rapido!“ („Schnell! Schnell!“) an und zieht uns im Lauf an der Hand in den fahrenden Bus. Uff, geschafft – das ging schnell! Aber wo sind unsere Rucksäcke? Wir werfen fragende Blicke in den hinteren Teil des Busses, der knallvoll gestopft ist von Leuten, die uns lächelnd zunicken. Die Rucksäcke werden schon irgendwie, irgendwo in dem Bus sein, doch so richtig entspannen können wir gerade nicht.

An der Grenze angekommen werden wir sofort belagert von Leuten, die ihre Hilfe anbieten beim Grenzübergang, Gepäck tragen wollen, Geldwechsel anbieten, Bustickets für Costa Rica oder einfach nur eine kleine Plastiktüte mit gesalzenen Erdnüssen verkaufen wollen. Das alles, während wir einfach nur versuchen aus dem Strudel herauszukommen um unsere Rucksäcke zu suchen. Ja, manche Situationen können gewaltig stressen. Nachdem wir endlich unser Gepäck an der Rückseite des Busses gefunden haben, gibt’s erstmal eine „Grenzlimo“ und eine kurze Verschnaufpause von dem ganzen Trubel. Unsere Stimmung entspannt sich und steigt auch schnell wieder. Ausreisegebühren, Stempel, einen Kilometer durchs Niemandsland stapfen, Einreisestempel, Gepäck durchleuchten und hier sind wir – im fünften Land unserer Reise. ¡Pura Vida! Hallo Costa Rica!

Wir merken sofort nach den ersten Kilometern im Bus, dass wir in einem anderen Land angekommen sind. Der Busfahrer hat plötzlich viiiel Zeit, bleibt tatsächlich komplett stehen, wenn jemand ein- oder aussteigen will, die Landschaft ist weniger trocken, Felder sind saftig grün und es wird wieder bergiger.

Liberia. Unser erster Stopp in Costa Rica ist Liberia und der Plan ist es eigentlich, hier nur eine Nacht einzuschieben, bevor es am nächsten Tag weitergeht. Nachdem wir jedoch in unserem Hostel so viele tolle Ausflugstipps für die Umgebung bekommen, entscheiden wir uns, doch noch eine Nacht dran zu hängen.

Den nächsten Tag starten wir früh und mit Busfahren. Unser Ziel: der Nationalpark um Rio Celeste. Als wir dort ankommen haut uns die Natur hier direkt vom Hocker. Die Landschaft ist wunderschön und alle Farben so satt und kräftig, dass man teilweise fast das Gefühl hat, man ist in eine Photoshop-Montage reingerutscht. Drei Stunden dauert unsere Wanderung durch den Nationalpark. Gefühlt bleiben wir alle zehn Meter stehen, zücken die Kamera weil wir irgendwas neues, tolles entdecken. Besonders gut gefällt uns die Legende zu Rio Celeste selbst. Der Fluss ist nämlich laut den Ticos nur so blau, weil Gott seinen Pinsel in dem Wasser ausgewaschen hat, nachdem er den Himmel blau gemalt hat.

Unser eigentliches Tageshighlight kommt aber später noch. Eine Familie, die am Waldrand im Nachbarort wohnt, hat einen kleinen Trail in den Dschungel gebaut. Den Weg kann man entweder auf eigene Faust laufen, alternativ wird für ein paar Dollar ein Guide der Familie oder aus dem Dorf angeboten. Wir entscheiden uns für die Variante mit Guide. Weil der Trail an einem Bachlauf liegt, gibt es dort eine Vielzahl von Fröschen, die wir vermutlich ohne ein geschultes Auge einfach übersehen. Das wir aber gleich an unserem ersten Tag in Costa Rica so viel Glück in Sachen Tierspotting haben sollen, ahnen wir vorher noch nicht. Frösche, Kolibris und andere bunte Vögel, lustige Würmer, die auf Buh-Rufe reagieren und mehrere Faultiere, darunter sogar eine Mama, die ihr Baby auf dem Bauch trägt.

Mittelscheitel und ein freundliches Gesicht- wenn wir bisher irgendwo ein Bild von einem Faultier gesehen haben, hat uns das immer gute Laune gebracht. Wegen der Tierwelt haben wir uns schon in den letzten Wochen ganz besonders auf unsere Zeit in Costa Rica gefreut. Das Highlight unserer Faultier-Premiere ist ein kleiner Vertreter, der gerade seine ersten Alleingänge unternimmt und ganz gemütlich direkt am Wegesrand hängt und mit einem Grinsen im Gesicht gemütlich vor sich hin schlummert. Schöner könnte der Abschluss unserer Wanderung nicht sein.

Den Abend verbringen wir mit Reiseführern, TripAdvisor und einer großen Landkarte. Das erste Mal auf unserer Reise fühlen wir uns irgendwie überfordert in Sachen Reiseplanung. In den Ländern zuvor war irgendwie klar, was wir sehen wollen, wo unsere Stopps liegen und wie unsere Route ungefähr aussehen soll. Beim studieren der Busfahrpläne und -routen für Costa Rica wird schnell klar: das Land ist wohl einfacher mit einem Mietwagen zu erkunden, wenn man nicht tagelang mit vielen Umwegen in Bussen sitzen will. Die Preise sind insgesamt saftig und ein Mietwagen nicht drin, wenn wir keine riesen Kerbe in unserem Budget hinterlassen wollen.

Bis zum nächsten Morgen wissen wir immer noch nicht so ganz genau, welchen Bus in welche Richtung wir nehmen sollen. Kurzentschlossen entscheiden wir uns auf dem Weg zum Busbahnhof für Monteverde. Der erste Bus bringt uns im wahrsten Sinne des Wortes in die Pampas – es gibt hier wirklich einen Ort der Las Pampas heißt und gefühlt auch noch in der Pampa ist. Als mein Handy fragt „möchtest du dich mit dem freien WiFi „Las Pampas“ verbinden?“, muss ich doch echt mal lachen. Ein paar Kilometer weiter stehen wir Mal wieder an einer großen Kreuzung und warten auf den Anschlussbus. Wir warten. Und warten. Und warten. Der Versuch zu Hitchhiken läuft leider auch nicht wirklich. Immerhin haben wir gute Unterhaltung – wir warten nicht alleine auf den Bus, der knapp 3 Stunden später doch noch kommt. Die Straße nach Monteverde ist eine der ruckeligsten, die wir bisher gefahren sind. Tiefe Schlaglöcher, Staub und teilweise so steile Stücke, dass wir das Gefühl haben, der Bus bleibt jeden Moment stehen bleiben und wir aussteigen und von hinten anschieben. Die Fahrt dauert ungefähr 2,5 Stunden für eine Strecke von 38 Kilometern…sagt alles, oder? Die Landschaft um die Strecke macht teilweise Gänsehaut, ist so schön und beeindruckend, dass wir uns nicht entscheiden können, ob wir besser links oder rechts aus dem Fenster schauen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Hallo Ihr Beiden,
    ich lese mit Begeisterung Eure Berichte und freue mich mit Euch über die Erlebnisse, die Ihr hier mit uns Daheimgebliebenen teilt.
    Viel Spaß und weiterhin Gesundheit für die nächsten Etappen.

Schreibe einen Kommentar

Menü schließen