„Pläne“ und wie sie ganz anders laufen können als gedacht
Kuala Lumpur. Hier sind wir wieder. Und dieses Mal ohne Smog, Haze und Rauch in der Luft – dafür inklusive Wolkenkratzer-Spitzen, die wir nun auch sehen können.
Wir kommen hier an mit der Idee, nur ein paar Tage zu bleiben, den Aufenthalt in Kuala Lumpur als „Visarun“ zu nutzen und dann direkt weiter auf die nächste indonesische Insel, mit 30 neuen visafreien Indo-Tagen im Gepäck. Im Nachgang schmunzeln wir darüber, wie der ursprüngliche „Plan“ war, und wie am Ende wirklich alles kam.
Schon am ersten Abend in Kuala Lumpur checken wir mögliche Weiterreise-Optionen für verschiedene Indo-Inseln. Wegen des bevorstehenden Hindufestival „Deepavali“ am Wochenende schießen die Preise für Flugtickets und Co in die Höhe. Darum entscheiden wir uns dafür, mindestens noch das Wochenende abzuwarten und doch ein paar Tage länger in Malaysia zu bleiben und das hinduistische Lichterfest mitzuerleben.
Für die Tage in Kuala Lumpur nehmen wir uns gar nicht viel vor, lassen uns durch die Stadt treiben, schnuppern uns durch Chinatown und Little India, kümmern uns um ein paar Erledigungen und machen unheimlich viele Schritte, sodass wir abends mit müden Füßen im Bett liegen. Im Gebäude unseres Air BnB gibt es auf dem Dach einen Pool mit sensationeller Aussicht auf die Skyline, der uns ein paar Mal zu einer Erfrischung lockt. Wir treffen uns mit Martina und Max von Travelgrapher, verbringen einen sehr lustigen Abend, tauschen Reisegeschichten und -erlebnisse aus und lassen uns von den beiden für Frozen Yoghurt begeistern.
Kampung Baru – das Dorf im Großstadttrubel
Ein Ort hat uns besonders gut gefallen in Kuala Lumpur. Inmitten des Großstadttrubels findet man das kleine Dorf „Kampung Baru“. Es ist die älteste malaiische Siedlung in Kuala Lumpur. Die Bewohner haben sich in den letzten Jahren erfolgreich gegen jegliche Investoren und Bebauungspläne gewehrt und halten weiterhin an ihrer traditionellen Lebensweise fest. Mitten im Zentrum der Millionenstadt stehen hier kleine charmante Holzhäuser statt moderner Tower und wirken wie aus einer anderen Welt. Als wir dort ankommen und aus der Bahn steigen, ist der Himmel dunkel. Und mit dunkel meine ich in dem Fall richtig schwarz. Das kann nicht mehr lange dauern, bis das runter kommt – also sputen wir uns, ein kleines Warung zu finden um den Schauer abzuwarten. In einer kleinen Garküche sitzen wir bei einer Tasse Te Tarik und ohrenbetäubendem Prasseln unter einem Wellblechdach. „Wird schon wieder aufhören die nächste halbe Stunde“, denken wir uns. Falsch gedacht! Wir sitzen dort ca. zwei Stunden im Regen-Lärm, essen lecker und haben nette Begegnungen. Erst mit den taubstummen Jungs am Nachbartisch, mit denen wir irgendwie per Hand, Fuß und gemeinsamen Lachen eine Art Konversation betreiben, später mit einem jungen Pärchen, das uns netterweise einen Hotspot für unser Smartphone gibt, um ein Taxi zu rufen. Weil der Regen so stark ist und die Straßen teilweise überflutet, dauert es gefühlt Ewigkeiten, bis ein Taxifahrer zusagt und sich auf den Weg macht. Bleibt mehr Zeit für unser Gespräch und meinen Fauxpas in Sachen muslimischer Kultur. Als unser Taxi angekommen ist, streckt mir das Mädel zur Verabschiedung fröhlich ihre Hand entgegen. Nachdem ich mich bei ihr bedankt habe und ihr die Hand geschüttelt habe, strecke ich ihrem Mann meine Hand genauso fröhlich entgegen. Als er beide Hände abwehrend hoch hält, wird mir klar, dass das in seiner Kultur nicht gängig ist – zum Glück können die beiden darüber lachen und wir auch.
Malaiischer Zauberwald und Regengüsse im Hochland
Nach vier Stunden Fahrt kommen wir in Tanah Rata an, einem kleinen Ort im hügeligen Hochland von Malaysia. Die letzten Kilometer windet sich die Straße in engen Kurven den Berg hinauf, und am Straßenrand sehen wir nicht nur ein Auto, was kurzerhand anhalten muss, weil es einem der Insassen den Magen auf links dreht.
Die Cameron Highlands liegen auf ungefähr 2.000 Höhenmetern. Schon während der Fahrt spürt man gefühlt jeden Höhenmeter an der sinkenden Temperatur – schöne Abkühlung nach drückend schwülen Tagen in der Hauptstadt. Das Klima hier ist perfekt ist für Tee-, Erdbeer- und Gemüseplantagen. Je höher wir kommen, desto mehr Gewächshäuser ziehen in der grünen Landschaft an uns vorbei und auch ein erster Blick auf die sattgrünen Teeplantagen, die sich wie Teletubbie Hügel links und rechts von uns erstrecken.
Kaum eingecheckt in unserem Guesthouse, hängen wir über der Wanderkarte und tüfteln an einer Route für den nächsten Tag. „Startet am besten früh“, gibt uns unser Gastgeber noch als Tipp mit, „ab Mittags regnet es für gewöhnlich… und das kann heftig werden“. Also schnüren wir direkt in der Früh die Wanderschuhe und suchen unseren Weg durch den Dschungel, der teilweise schon ziemlich versteckt liegt. Vom befestigten Weg geht ein steiler Hang nach oben, ein Seil das oben an einen Baum geknotet ist hängt herunter, als Aufstieg-Hilfe. Ich witzel noch ein bisschen rum und sage „das ist bestimmt unser Weg!“ – kurz darauf stellt sich raus, das ist wirklich unser Weg.
Bei strahlendem Sonnenschein wandern wir durch mannhohes „Gestrüpp“, über wurzelige Wege und bemooste Lichtungen, kriechen unter quer liegenden Baumstämmen hindurch, vorbei an riesigen Bäumen mit bunten Blüten und Farnzweigen, die sich langsam aufrollen und von kleinen Schmetterlingen fröhlich umflattert werden. Der Weg und die Umgebung haben etwas zauberhaftes und ein bisschen was von einem Märchenwald, wie ich ihn mir immer vorgestellt habe. Wäre uns ein kleines Mädchen mit roter Kapuze und einem Korb in der Hand entgegen gekommen oder plötzlich ein Lebkuchenhaus vor uns aufgetaucht wär, hätte ich mich auch nicht mehr gewundert.
Wir sind schon einige Stunden unterwegs als es plötzlich dunkel wird am Himmel und die ersten Tropfen durch das Blätterdach kommen. Regenjacke an, Wasserschutzhülle über den Rucksack und weiter. Als der Regen stärker wird, schaut Manuel nochmal die Wanderkarte an und meint: „nicht mehr weit, dann ist hier eine Schutzhütte eingezeichnet! Lass uns noch bis dahin gehen und dort Pause machen, bis es etwas weniger wird!“. Perfektes Timing… unser Weg führt uns nochmal durch eine steile Senke, bis die Schutzhütte zu sehen ist. Beim ersten Anblick müssen wir doch ganz schön lachen. Dieses Gebilde hat den Begriff Schutzhütte wirklich nicht verdient – es ist eher ein eingestürztes Wellblechdach, außenrum flattert Absperrband… das WAR wohl mal eine Schutzhütte. Nichtsdestotrotz finden wir ein kleines Plätzen zum Unterstellen, das nicht danach aussieht als würde es die nächsten 20 Minuten einstürzen – doch so ganz wohl fühle ich mich nicht darunter 😀 Es regnet und regnet und will nicht mehr aufhören – es wird eher mehr als weniger. Während wir da stehen und vespern, immer wieder der Blick nach oben und Sätze wie „Oh, jetzt wird es langsam heller!“ und nach einer Minute ein „Ich revidiere… es hört nicht auf!“. Nach einer knappen Stunde kommt ein triefnasses und durchweichtes Pärchen den Hang herunter und gesellt sich zu uns. Es sind die ersten Menschen, denen wir überhaupt dort begegnen. Kurz darauf lässt der Starkregen tatsächlich nach, wir machen uns zu viert auf den Weg zurück nach Tanah Rata inklusive toller Bekanntschaft und einer schönen Unterhaltung.
‚Afternoon tea‘ mit Aussicht inmitten von sattgrünen Teeplantagen
Die Engländer waren hier… und haben Tee gepflanzt! Mit einem Tipp von unserem Gastgeber sitzen wir zwar etwas länger auf dem Roller, doch dafür kommen wir (sobald wir die Hauptstraße mal verlassen haben und an der ersten völlig überlaufenen Plantage vorbei gefahren sind) an einer wenig besuchten Teefabrik heraus. In engen Kurven windet sich die schmale Straßen zwischen Erdbeerplantagen und den ersten Teefeldern links und rechts von uns den Berg nach oben. Vor besonders unübersichtlichen Kurven steht jeweils ein Schild „Sound your horn!“ – die Straße ist ein reines Hupkonzert und macht unheimlich viel Spaß.
Nach einem Spaziergang durch die Felder sitzen wir dann da. Bei frischer Bergluft zwischen saftig grünen Hügeln direkt zwischen den Teefeldern, wärmen uns bei einer heißen Tasse ‚afternoon tea‘ auf und genießen die Aussicht. Es ist einer dieser kleinen, vielleicht unscheinbaren Momente, in denen ich ganz bewusst spüre, wie schön das Leben und unsere Erde ist. Vielleicht macht das viele Grün um mich herum auch einfach glücklich 😉