Bali und Nusa Penida

Bali und Nusa Penida

Urlaub vom Urlaub und ein wenig Vertrautheit

Unser Homestay Host in Banyuwangi bucht uns telefonisch noch schnell einen Sitz im Bus, bevor er uns Richtung Hafen bringt. Dort lädt er uns an irgendeinem Haus ab, verabschiedet sich und meint, der Bus kommt innerhalb der nächsten halben Stunde und sammelt uns hier auf. Hm, hier sieht zwar nichts nach Bushaltestelle aus, doch immerhin hat er uns noch eine Art Ticket in die Hand gedrückt. Jetzt stehen wir hier und warten auf den „Premium Bus“, wie ihn unser Host noch angekündigt hat. Nach ein paar Minuten hält ein rostiger Bus, der so aussieht als würde er jeden Moment auseinanderfallen. „Bestimmt nicht der Premium Bus“ lachen wir noch, als der Fahrer unser Ticket sehen will und uns signalisiert „rein mit euch, das ist euer Bus“ – das bringt uns noch mehr Gelächter. Während wir uns mit unserem Gepäck durch die engen Gänge zwängen und von links und rechts angestarrt werden, zeigt uns ein Mann weiter hinten die beiden noch freien Plätze. Manuel erwischt einen Sitz, der permanent nach hinten gelehnt ist, meine Sitzfläche fällt seitlich ab, sodass ich alle paar Minuten wieder ein Stück an meinen Nachbarn rücken muss. Naja, sind ja nur sechs Stunden. Wir fahren noch ein paar Minuten auf Java-Seite, dann geht es direkt auf die Fähre, wo wir auf dem Deck sitzen und Indo-Techno durch die Boxen dröhnt. Wir kommen Bali immer näher.

Ursprünglich hatten wir vor, den Norden Balis zu erkunden, den wir noch nicht kennen und der etwas weniger touristisch und ursprünglicher sein soll. Als wir im Bus sitzen und uns schräg über zwei Sitzbänke darüber unterhalten, wird klar, wir brauchen gerade beide eine kleine Pause von neuen Eindrücken. Wir haben eher Lust auf ein wenig Vertrautheit, das Gefühl nicht ständig was sehen und erleben zu müssen – andere würden es „Urlaub vom Urlaub“ nennen 😉 Stellt sich nur noch die Frage: Dschungel oder Strand? So entscheiden wir uns dazu, die ersten paar Tage in Ubud zu verbringen und dann weiterzufahren an die Küste. Auch wenn wir meistens die Orte suchen, die wenig überlaufen sind und es lieben, an wenig touristischen Plätzen die einzigen Touristen unter Locals zu sein, sich nur mit Hand und Fuß verständigen können – ab und zu ist es auch mal angenehm, in einem touristisch extrem gut erschlossenen Gebiet unterwegs zu sein, Restaurantauswahl zu haben, mit Englisch relativ schnell weiterkommen, usw.

Angekommen am Zielort des Busses, müssen wir noch ein Stück weiter nördlich und werden direkt von Taxifahrern belagert, die einen viel zu hohen Preis für die Strecke verlangen. Wir entscheiden uns ein Grab-Taxi zu rufen, als der Fahrer uns schreibt „kommt ein paar hundert Meter weiter zu meinem Standort, ich kann euch am Busbahnhof nicht aufsammeln, zu gefährlich für mich wegen den anderen Taxifahrern“, kommen wir uns so vor, als wären wir zurück in Probolinggo, wo wir eine ähnliche Situation hatten.

Als wir in Ubud ankommen fühlt sich alles sofort vertraut an. Wir waren vor zwei Jahren schon einmal hier, kennen uns schon halbwegs im Stadtzentrum aus, haben ein paar Adressen und Warungs im Kopf, die wir wieder ansteuern wollen. So landen wir direkt am ersten Abend nach einem kleinen Spaziergang in einem kleinen Warung, in dem wir bei einem kalten Bier nochmal auf meinen Geburtstag anstoßen und uns gut mit unseren Tischnachbarn unterhalten.

Das schönste für mich an Ubud: Die Stadt ist komplett umgeben von Grün, so muss man nur eine Seitengasse nehmen, steht innerhalb von ein paar Minuten inmitten von sattgrünen Reisfeldern und ist weg von der trubeligen Innenstadt. Trubelig ist wahrscheinlich noch untertrieben – für unser Gefühl besteht die Stadt aus einem einzigen Verkehrschaos. Der Ort wächst von Jahr zu Jahr und scheint langsam aber sicher aus allen Nähten zu platzen – und das zur „Nebensaison“. Wir nehmen uns gar nicht viel vor, haben kein Programm, eine Massage hier und da, nehmen uns mal wieder Zeit ein Buch zu lesen und nebenbei den Reiseführer für Neuseeland zu wälzen.

Strand, Smoothiebowls und eine tolle Überraschung

Der kleine Surferort Canggu an der Küste Balis hat uns vor zwei Jahren beim Durchfahren schon gut gefallen. Als ich ein paar Tage zuvor im Bus für Ubud gestimmt habe, hat Manuel Canggu in den Raum geworfen und direkt eine extrem günstige Unterkunft gefunden. Wir entscheiden, ein paar Tage am Stück zu bleiben und mieten uns direkt eine knappe Woche ein. In unserer Erinnerung von vor zwei Jahren war Canggu eine gemütliche Straße mit ein paar schönen Cafes und Restaurant, ein paar Surfer hier und da und wilden Stränden. Entweder lagen wir in unserer Erinnerung so weit weg von der Realität oder Canggu ist innerhalb der letzten beiden Jahre quasi explodiert. Es ist unglaublich viel los, Verkehrschaos, fancy Restaurants und hippe Cafes an jeder Straßenecke und doch findet man zwischendurch immer wieder kleine unscheinbare Local-Warungs und ungehypte Plätze, die an ein etwas ursprünglicheres Bali erinnern.

Wir mieten uns einen Roller, freuen uns auf ein paar Tage am Strand. Wie in Ubud haben wir auch hier kein wirkliches Programm außer Lesen, Strand und trendige Smoothiebowls zum Frühstück. Sandig und salzig kommen wir zurück in unsere Unterkunft. Gerade als Manuel in der Dusche steht, piepsen beide unsere Handys gleichzeitig. Roman, ein guter Freund, war gerade auf einer Hochzeit in Hongkong, ist danach noch etwas durch Vietnam getourt und schreibt uns jetzt, dass er sich spontan einen Flug nach Bali für den nächsten Tag gebucht hat. Der Jubelschrei, der aus der Dusche kommt, als ich die Nachricht laut vorlese, spricht für sich. Wir sind völlig aus dem Häuschen und verfolgen am nächsten Nachmittag gespannt den Live-Standort via Telegram, bis Roman tatsächlich aus dem Taxi aussteigt, das vor unserer Tür hält. Abgefahren!

Die nächsten Tage sind voll von Geschichten, viel Gelächter und tollen Gesprächen während wir gemütlich am Strand oder auf unserer Terrasse sitzen. Von früh bis spät und an einem Abend noch ein bisschen später, sodass die Jungs noch vorm Gutenacht sagen verkünden, dass sie morgen auf jeden Fall ausschlafen wollen. Mein innerer Wecker schreit natürlich um 6 Uhr wieder „Guten Morgen“, so mache ich einen kleinen Spaziergang durch die Reisfelder ein paar Straßen weiter, wo die Reisbauern gerade mit rostigen Drahteseln angeradelt kommen, mir ein fröhliches „Paaagi!“ (Morgen!) zurufen und mit ihrer Arbeit beginnen. Ich liebe diese Momente früh am Morgen, wenn alles in der Umgebung zum Leben erwacht.

„Lasst uns nochmal nach Ubud hochfahren“, ist das End von der Geschicht, als wir am Abend unseren nächsten Stopp planen. So landen wir ein paar Tage später wieder in dem kleinen grünen Städtchen, mitten in Bali. Dieses Mal steigen wir in einem kleinen Homestay ab, in dem wir von Agung, der Hausherrin mit lautem Lachen empfangen werden – sie ist eine so fröhliche Person und ihr Lachen jedes Mal ansteckend.

Wir drei bei einer Tempelzeremonie oder: Wie wir eine saugute Faschingsnummer abgeben würden

Am nächsten Tag schwingen wir uns auf die Roller, erfrischen uns an einem schönen Wasserfall, schlendern über den lokalen Markt und gönnen uns ein grandioses Kokosnuss Panna Cotta in einem hübschen Café, mitten im Reisfeld. Als wir abends noch auf der Gemeinschaftsterrasse der Unterkunft sitzen, gesellt sich der „Homestay-Papa“ mit den Worten „Only little English, but I try“ zu uns. Zwar spricht er kein perfektes Englisch, doch allemal so viel, dass wir uns gut verstehen können. Wir kommen irgendwie auf seine Religion, den Hinduismus zu sprechen und lassen uns erklären, was es mit den verschiedenen Göttern, Figuren und Glaubenssätzen auf sich hat. „Wenn ihr wollt, nehme ich euch morgen mit zum Tempel, es findet gerade eine größere Zeremonie statt“ – das lassen wir uns nicht zweimal sagen, sagen also zu und sind gespannt, was uns am nächsten Tag erwartet.

Am Vormittag lassen wir uns auf dem Weg nach Tegallalang den Fahrtwind ins Gesicht wehen. Wir nehmen nicht den direkten Weg, versuchen möglichst viele kleine Gassen und Pfade zu erwischen, ‚verfahren‘ uns absichtlich, um noch mehr von dem natürlichen Bali zu sehen, was so viel Spaß macht. Angekommen an den Reisterrassen machen wir einen Spaziergang, laufen einmal alle Terrassen runter, auf der anderen Seite wieder hoch, zwischendurch die Aussicht genießen, ein paar Fotos schießen, Aussicht genießen, weiterlaufen, Aussicht genießen und uns wundern über einen Fahrradfahrer, der wie aus dem Nichts am Himmel auftaucht und großes Gelächter bei uns auslöst – erst jetzt sehen wir die Stahlseile, die über das grüne Tal gespannt sind. Eins muss man den Balinesen lassen – nachdem die berühmten Instagram Schaukeln langsam ausgelutscht sind, lassen sie sich schon wieder das nächste Highlight einfallen.

Zurück am Homestay springen wir unter die Dusche und treffen uns pünktlich auf der Gemeinschaftsterrasse für unseren Tempelbesuch. Die Jungs beide in langer Hose, ich in langem Rock. Als Agung festlich gekleidet aus dem Nachbarhaus kommt und uns sieht muss sie lachen. „Ihr braucht einen Sarong, wenn wir zum Tempel gehen, habt ihr welche?“. Als wir gleichzeitig nicken und den Kopf schütteln läuft sie los. Während sie ins Haus rennt kommt der Opa (auch festlich gekleidet) aus dem Haus, sieht mich mit dem roten Sarong, den wir eigentlich immer als Strandtuch nutzen, rumhantieren und eilt mir zur Hilfe, schüttelt mit dem Kopf, gibt mir ein Zeichen, dass wir das Tuch neu binden müssen – während er auf das Tuch zeigt ruft er „man!“. In Nullkommanichts hat er mir das Tuch ordentlich umgebunden, benutzt jetzt die Bindetechnik für Frauen, nickt zufrieden, zeigt nochmal drauf und sagt „woman!“. Mittlerweile ist die Homestay-Mama auch wieder zurück und versorgt die Jungs mit Sarongs. Der Opa grinst nochmal stolz, spielt pantomimisch irgendein Instrument vor und sprintet mit einem fröhlichen „byebyeeee“ los zum Auto. In der Zwischenzeit kommt auch der Homestay-Papa, nickt unsere Outfits zufrieden ab und signalisiert uns, schonmal zur Straße zu gehen, er holt uns dort ab.

Während wir dort stehen und gegenseitig an uns herunter schauen, müssen wir echt laut lachen und stellen fest, dass wir so auch eine saugute Faschingsnummer abgeben würden. Die Jungs beide in weißem Sarong, Manuels Bindetuch schaut aus wie ein kariertes Geschirrhandtuch, auf Romans Bauch glotzt mir ein ausgewaschenes Äffchen mit großen Augen entgegen, ich selbst in ein rotes Strandtuch gehüllt, mit meinem orangefarbenen Schal um die Hüften. Wir sehen so aus, als wären wir einmal durch die Faschingskiste im Speicher meiner Eltern gestreift. Bevor wir abgeholt werden, muss noch schnell ein Selfie her, das müssen wir festhalten. Auf der Fahrt erzählt uns der Homestay-Papa noch ein paar Details zur Zeremonie . Ehrlich gesagt kann ich nichts davon widergeben, weil die Story vogelwild und die Namen der Götter und ihre Bedeutungen eher verwirrend als aufschlussreich sind. Fest steht, dass die Zeremonie irgendwas mit dem aktuellen Stand des Monds zu tun hat. Währenddessen fällt mein Blick immer wieder aufs Handy mit dem Bild von uns dreien, was mich jedes Mal wieder zum Lachen bringt. Hoffentlich hat sich mein innerer Clown bis zur Zeremonie wieder etwas beruhigt 😀

Unterwegs fragt Manuel, wie lange so eine Zeremonie dauert. Wir hatten vorher schon darüber gesprochen, dass wir hinterher zum Essen gehen, wird ja vermutlich nicht sooo viel länger dauern als eine gute Stunde. Pfeifendeckel! Bei seiner Antwort „vier bis sechs Stunden“ schauen wir uns ziemlich überrascht an. Damit hatten wir nicht gerechnet.

Am Tempel ist die Zeremonie schon in vollem Gange. Gespannt beobachten wir, wie die Balinesen in ihrer festlichen Kleidung vor dem bunten Schrein sitzen und sich dabei mit Wasser beträufeln, sich Reis auf die Stirn kleben und sich bunte und geweihte Blüten hinter die Ohren stecken. Leider kann uns keiner so richtig erklären, wieso, weshalb, warum und doch ist es super spannend zu sehen. Vor den Toren der Tempelanlage erinnert alles eher an Kirmes als an eine religiöse Veranstaltung. Zwischen ein paar Bakso- und Gado Gado Ständen, bieten Verkäufer Süßigkeiten und bunt blinkendes Plastikspielzeug an. Immerhin können wir zwischendurch unseren Hunger bei Gado Gado (warmer Gemüsesalat mit Erdnusssauce, einem der indonesischen Nationalgerichte) stillen. Zweiter Programmpunkt und mein Highlight ist die Tempelband, die mit verschiedenen Glockenspielen und Trommeln eine geniale Show macht. Mittendrin sitzt unser Homestay-Opa vor seinem Glockenspiel und winkt uns stolz zu, als er gerade keinen Einsatz hat. Dritter Programmpunkt: typisch balinesischer Tanz, bei dem Männer und Frauen in besonders bunten Kostümen eine Geschichte tanzen und dabei die Finger und Augen verdrehen, dass einem fast schwindelig davon werden kann 😀 Was für ein Abend – gefühlt war von allem etwas dabei.

Wie aus dem Plan mit der öffentlichen Fähre zu fahren eine Speedboatfahrt wird und achterbahnmäßige Straßen auf Nusa Penida

Unser Homestay-Papa fährt uns für ein paar Rupiahs zum Hafen. Wir wollen mit der öffentlichen Fähre übersetzen, zu der wir nur wenige Informationen im Internet finden. Die paar Infos zu Abfahrtszeiten, die wir finden, gehen so weit auseinander, dass wir schon früh starten, um die einzige Fähre des Tages nicht zu verpassen, falls sie tatsächlich schon um 8 Uhr fahren sollte. Als wir um ca. halb 8 am Fährhafen ankommen, werden wir direkt von „Schleppern“ abgefangen – wo wir hin wollen, die Fähre fährt heute nicht, wir müssten aufs Speedboat umsteigen. Davon wollen wir uns erstmal selbst ein Bild machen. In der Wartehalle sitzen vereinzelt schon ein paar Locals, der Ticketschalter hat noch geschlossen. Es kann uns weder jemand sagen, wann der Ticketschalter öffnet, noch, wann die Fähre ablegen soll. Am Ende stehen wir mit den unterschiedlichsten Infos zu Abfahrtszeiten da. Der Schlepper, der uns anfangs schon angesprochen hat, sich dann die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hat und uns beobachtet hat, macht uns jetzt nochmal ein Angebot. Das Speedboat fährt um 10:30 Uhr – sicher. Den Preis können wir auch noch etwas runter drücken. So willigen wir ein und folgen ihm durch einen kleinen Spalt in einer Mauer auf die andere Seite der Straße, wo die ganzen Speedboat Anbieter ihre Büros haben. Als wir die Tickets gebucht haben und den obligatorischen Aufkleber mit den Lettern NP auf dem Tshirt haben, liest Manuel Bewertungen zum Anbieter durch und uns ein paar der wildesten Storys vor – das kann ja heiter werden.

Wir müssen noch zwei Stunde warten und machen es uns auf den Sofas im kleinen Büro des Speedboat-Anbieters gemütlich. „No, No, No! You can’t stay here!“, werden wir direkt wieder aufgescheucht. Es würden in ein paar Minuten sehr viele Leute kommen, dann würde das Büro aus allen Nähten platzen, wir sollen am Pier warten. Wir wollen nur noch kurz in der angenehmen Klimaanlagen gekühlten Luft sitzen, versprechen, dass wir aufstehen, sobald die Masse an Menschen kommt, die die kleine Frau hinter der Theke angekündigt hat. Der Schlepper, der uns hier her gebracht hat signalisiert uns mit einem Nicken und einem Finger vor dem Mund, dass wir bleiben können, doch mit niemandem über den Preis sprechen dürfen, den wir rausgehandelt haben. Auf der Fähre später wisssen wir auch warum – einer unserer Mitfahrer hat alleine das bezahlt, was wir zu dritt zahlen. Uff!

Die angesagte Menschenmasse bleibt zwar aus, wir ziehen trotzdem nach einer halben Stunde um auf den schattigen Pier und vertreiben uns die Zeit mit einem der vielen Sonnenbrillenverkäufer. Roman hat gefühlt 200 Brillen nacheinander auf der Nase, wir bewerten, kommentieren und sind vermutlich eher keine wirkliche Entscheidungshilfe. Der Verkäufer ist natürlich von jedem Modell hellauf begeistert – egal wie gut sie passt, Roman steht oder auch nicht – DIE IST ES! Wir haben einen heidenspaß und die Zeit bis das Speedboat fährt vergeht dann doch ziemlich schnell. Trotz einiger vogelwilder Rezensionen ist es eine ruhige und gemütliche Fahrt und kommen ruckzuck auf Nusa Penida an.

Am Pier sprechen uns direkt zwei ältere Männer an, sie verleihen Roller. Weil die Straßen auf Penida steil und teilweise ganz schön rumpelig sein sollen, macht Manuel einen ausgiebigen Bremsentest an allen Rollern, zur Belustigung aller umstehenden, weil er alle zwei Minuten mit einer neuen Maschine eine Vollbremsung im Schotter mit dicker Staubwolke hinlegt. Als die Roller für gut abgenickt sind läuft alles ganz unkompliziert: Schlüsselübergabe und los, sie wollen keine Namen von uns, keinen Pass sehen, keine Telefonnummer. Wenn wir die Roller zurück bringen und keinen der Herren dort sehen, sollen wir die Schlüssel einfach in das kleine Fach am Roller packen – das ist mal Vertrauensbasis. Ich lasse mir vorsichtshalber noch die Nummer von einem der Männer ins Telefon tippen, bevor wir losdüsen. So sitzt jeder auf seinem Roller mit allem Gepäck, das wir dabei haben. Wir haben schon so ein bisschen was von einer Gang, sodass ich echt mal kurz laut auflachen muss, als ich die Jungs vollbepackt im Rückspiegel hinter mir sehe und mir vorstelle, was wir gerade für ein Bild abgeben.

Die Straße zu unserer Unterkunft fühlt sich an wie eine Achterbahnfahrt: Ein steiles Auf und Ab und erst auf der Kuppe sieht man, wie das nächste Straßenstück verläuft. Nachdem wir unsere Bungalows bezogen haben, sitzen wir direkt wieder auf den Rollern um den Sonnenuntergang am Crystal Beach anzuschauen. Herrlich! 

Eine Manta-Schnorchel-Tour, die besser den Namen „Tote Korallentour“ tragen sollte

Für den nächsten Tag buchen wir uns am Abend noch eine Schnorcheltour. Die Tour heißt hier nicht wie in allen anderen Orten Asiens „Snorkeling Tour“, sondern trägt den vielversprechenden Namen „Manta Tour“, mit dem Zusatz, dass man zu 96% Manta Rochen sehen wird – ziemlich vielversprechend oder? Als wir vor zwei Jahren auf Bali waren, hatten wir den gleichen Ausflug gebucht. Weil damals aber Strömung und Wellengang am Manta Point so stark war, wurden wir nicht vom Boot gelassen. Trotzdem hatte ich die anderen Spots, die bei der Tour angefahren werden in toller Erinnerung. Intakte Korallen und eine bunte Vielfalt an Fischen. Als wir uns am Manta Point rückwärts vom Boot ins Wasser fallen lassen, schauen wir uns alle drei nochmal erwartungsvoll und mit einem verschmitzten Grinsen an. Irgendwie waren meine Erwartungen so hoch, dass ich dachte, ich bin drei Minuten im Wasser und direkt schwebt mir einer der Riesen entgegen. Doch: Fehlanzeige. Wir schwimmen kreuz und quer durch die Bucht, als einer der Guides plötzlich ganz aufgeregt ruft und winkt. Ich schwimme gefühlt in Lichtgeschwindigkeit in seine Richtung, komme an, tauche gespannt unter und sehe: einen kleinen Schwarm von vielleicht 20 grauen Fischen. Bis wir wieder aufs Boot klettern, hat sich leider nichts mehr getan, doch ich bin sicher, dass wir ein anderes Mal mehr Manta-Glück haben 🙂 Im Vergleich zu vor zwei Jahren ist die Unterwasserwelt grau, viele abgestorbene Korallen, Fische werden angefüttert für Schnorcheltouren. Hinterher witzeln wir etwas zynisch, dass sie die Tour vielleicht besser umbenennen sollten in „Dead coral tour“ mit dem Zusatz, dass man zu hundert Prozent abgestorbene Korallen zu sehen bekommt. Leider ein trauriges Bild!

Nusa Penidas atemberaubende Steilküste, verblödete Touristen und Schildkröten am Broken Beach

Umso spektakulärer ist auf Nusa Penida jedoch die Überwasserwelt. Die Steilküste bietet permanent grandiose Aussichten, schon dafür lohnt unser kleiner ‚Roadtrip‘ über die Insel am nächsten Tag. Unser erster Stopp ist der bekannte Kelingking Beach, der beim Draufblick etwas an einen Dinosaurierkopf erinnert. Als wir an unserer Unterkunft los düsen, packen wir extra noch festes Schuhwerk ein, schließlich wollen wir den Strand nicht nur von oben sehen, sondern auch den angeblich sehr anstrengenden Weg nach unten auf uns nehmen. Wir hatten zwar mit einigen Besuchern gerechnet, doch dass es so voll sein wird dachten wir auch nicht. Leute posieren in den schönsten Klamotten und perfekt hergerrichtet für das ebenso perfekte Foto. Guides klettern auf Bäume um Bilder von ihrer Kundschaft mit der Dinosaurier-Klippe zu knipsen. Menschen trauen sich teilweise waghalsig weit vor, sodass ich jedes Mal Gänsehaut bekomme und nicht hinschauen kann. Es ist so heiß und drückend, dass wir unseren Plan mit der Strandwanderung ziemlich schnell verwerfen – wir können unmöglich dort runter in der Hitze und absoluten Mittagssonne. Während wir uns zwischen den Restaurants auf die Suche nach einer kalten Kokosnuss machen, kommen wir an einem russischen Pärchen vorbei, das sich gerade zum Shooting bereit macht. Dafür steigt sie über den Zaun (wer will schon einen Zaun auf seinem perfekten Foto?!) und mir stellen sich alle Haare nach oben. Mein Kommentar, dass ich denke, dass der Zaun dort einen Grund hat, tut sie mit einem schnippischen „No!“ ab und posiert fürs Foto. Uff, schnell weiter und bei einer Kokosnuss im Schatten etwas abkühlen.

Unser nächstes Ziel erreichen wir über eine tolle, sich windende Straße durchs trockene Inland, während uns Kinder am Straßenrand fröhlich zuwinken. Der Parkplatz ist vielversprechend leer und das Ankommen dort schon deutlich entspannter, als am Kelingking Beach. Wir sind am Broken Beach angekommen, an dem sich eine spektakuläre Felsbrücke gebildet hat. Oh, wie wunderschön kann Natur sein?! Es ist fast nichts los hier und wir genießen die Wellen, die mit lautem Getose an die zerklüftet Felsküste schlagen und die Stille unterbrechen. Ein Pärchen, das gerade noch gemütlich dort saß, macht sich gerade auf den Rückweg mit dem Kommentar, dass sie hier gerade immer wieder Schildkröten haben auftauchen sehen. Kurz darauf sehen wir sie auch und jedes Mal ruft wieder einer „DA!“. Wir können uns nur schwer losreisen, so schön ist das gerade.

Vulkanblick, Ruckelpiste und ein herrlich schöner Morgen am Diamond Beach

An diesem Tag sitzen wir ungefähr 5 Stunden auf dem Roller, sodass abends der Po weh tut und die Jungs (mal wieder) entscheiden „morgen schlafen wir aus und wollen nicht schon wieder so lange auf dem Roller sitzen“ – so starte ich am nächsten Morgen alleine durch, denn den Diamond Beach will ich unbedingt sehen. Die Fahrt dorthin in Serpentinen entlang der Steilküste ist schon spektakulär. Es ist ein klarer Tag und der Vulkan Agung auf Bali gegenüber beschert mir nach jeder Linkskurve eine grandiose Aussicht. So schlecht, wie sie der Insel nachgerufen werden, sind die Straßen doch gar nicht, denke ich mir unterwegs noch – solange bis ich plötzlich vor einer absouluten Ruckelpiste stehe. Und damit meine ich wirklich Ruckelpiste, mit Staub, Schotter, Sand, spitzen Steinen, die plötzlich mitten im Weg aus der ‚Straße‘ ragen und Schlaglöchern, die gefühlt aus dem Nichts auftauchen und teilweise so tief sind, wie stille Wasser. „Krieg ich schon hin!“, denke ich mir und fahre los. Die Straße wird von Minute zu Minute noch schlechter und ich überlege tatsächlich umzudrehen, schließlich muss ich die ganze steile Ruckelpiste später auch wieder hochfahren. Glücklicherweise kommt mir in dem Moment ein anderer Fahrer entgegen, der mir sagt, dass das wildeste Stück der Straße überstanden ist und es nur noch ein paarhundert Meter zum Ziel sind. Ziemlich am Ende der Straße, kurz vor dem Parkplatz zum Strand ist ein kleines ‚Dorf‘ – bestehend aus drei Häusern, einer Unterkunft mit Restaurant, einer kleinen Arztpraxis und einer Werkstatt, vor der sich die kaputten Rollerreifen türmen. Nach den Straßenverhältnissen lässt mich die Kombi kurz auflachen.

Erleichtert, ohne Blesuren und mit zwei funktionierenden Reifen angekommen zu sein, steige ich vom Roller und mache mich die letzten Meter zu Fuß auf den Weg zum Aussichtspunkt. Jetzt stehe ich da, völlig geflasht habe nur ein „Wow“ übrig für den weißen Strand und die Felsen, die wie Diamanten aus dem türkisfarbenen Wasser ragen. Als ich ein paar Stufen über die Treppe die in den Fels geschlagen wurde nach unten gehe, muss ich alle paar Meter wieder stehen bleiben, staunen und noch ein Foto schießen. Wieder oben angekommen, setze ich mich etwas abseits von allen anderen anderen Touristen auf einen Stein, genieße die Stille, die klare Morgenluft und die salzige Brise, die ab und zu aufweht und spüre ganz bewusst, wie glücklich mich das gerade macht. „Wie eine Fototapete“ ist der Kommentar meiner Mama, als ich später ein Foto nach Hause schicke – ja, genauso fühlt es sich an dort zu stehen 😀 Die Ruckelpiste überstehe ich auch auf der Rückfahrt ohne Probleme. Bis ich zurück komme sind auch die Jungs aufgestanden und bereit für einen gemütlichen Strandtag. Es ist unser letzter gemeinsamer Tag, bevor sich unsere Wege wieder trennen.

Auf dem Rückweg nach Bali schaffen wir es wirklich, die öffentliche Fähre zu erwischen. Einziges Problem: die Fähre fährt an einem anderen Hafen los, wie der, an dem wir unsere Roller gemietet haben und Taxis sind hier Fehlanzeige. Das ist überhaupt kein Problem, meint unsere Gastgeberin, lässt sich die Nummer unserer Rollervermieter geben, die ich zum Glück noch abgespeichert habe. Wir sollen die Roller einfach dort abstellen, den Schlüssel stecken lassen oder in das kleine Ablagefach werfen und ihr nochmal einen Standort per WhatsApp durchschicken, wo wir die Roller geparkt haben. Sie würde den Vermietern hinterher dann Bescheid geben, dass sie ihre Fahrzeuge dort irgendwie abholen. Ein merkwürdiges Gefühl, die Roller mitsamt Schlüssel einfach an einem öffentlichen, sehr belebten Parkplatz abzustellen, doch irgendwie wird es schon gut gehen. Zurück auf Bali essen wir noch eine gemeinsame Nudelsuppe, bevor Roman weiterzieht Richtung Gilis und Manuel und ich zurück fahren nach Ubud (ja, ihr merkt, dieser Ort hat irgendwie eine besondere Anziehungskraft für uns ;)).

Bali war wunderbar für uns. Vertraut und entspannt. Besonders die Tage mit Roman haben wir in vollen Zügen genossen. Es war herrlich schön mit dir, dem Kuckuck und dem Hai 😉

Zwei Tage später steigen wir mit Bauchkribbeln in den Flieger und freuen uns auf die Abenteuer, die Neuseeland für uns bereit hält.

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