Kündigungen, Besorgungen, eBay & Co.

Kündigungen, Besorgungen, eBay & Co.

„Weltreise!“ – Was sich im ersten Moment hauptsächlich nach Urlaub anhört, bringt doch wahnsinnig viel Aufwand und Arbeit mit sich – ich kam mir während der Vorbereitungen teilweise so vor, als würde ich parallel in zwei Vollzeitjobs arbeiten! Kündigungen, Besorgungen, Versicherungen, Behördengänge, Ärzte, Wohnungsauflösung,… Der Vorteil: Die Aussicht auf ein neues Abenteuer hat uns unglaublich viel Energie gegeben, all diese Themen mit einer Leichtigkeit anzugehen, sodass wir ziemlich schnell, ziemlich gut vorankamen.

Kündigungen. Im Juli kündigten wir unsere Jobs. Hört sich locker flockig an, doch für uns ein riesen „Mut-Thema“ und irgendwie aufreibend – dafür, dass ich 2007 dort meine Ausbildung begonnen habe mit dem Hintergedanken „erst Mal ne solide Ausbildung und danach irgendwas in die kreative Richtung“, bin ich mittlerweile 11 Jahre dabei und die Firma, meine Arbeit und vor allem die Menschen um mich rum sind mir doch ganz schön ans Herz gewachsen…

Im Vorbeilaufen an einem Kartenständer ist mir kurz nach meiner Kündigung diese Karte aufgefallen, die für mich wie die Faust aufs Auge passte: „Was kostet es eigentlich Träume wahr werden zu lassen? Mut, einfach nur Mut.“

Parallel zur Job-Kündigung die Arbeitslosmeldung auf dem Amt, Arbeitslosengeldanträge, Bürokratie! Eines kann ich hinterher aber sicher sagen: Das Klischee „Arbeitslos – Jogginghos“ hat doch irgendwie eine Daseinsberechtigung. Ich kam mir mit meiner Jeans in einer Schlange von Jogginghosenträgern fast ein bisschen overdressed vor.

Ende September dann die Kündigung der Wohnung, Fitnessverträge, Zeitschriftenabos, Stilllegen von Versicherungen, Handyverträgen, und und und! 

Besorgungen, Investitionen, Umstellungen und Behördengänge. Neue Rucksäcke – wir wollen nur mit kleinem Gepäck unterwegs sein und haben uns deshalb gegen unsere 60+ Liter-Rucksäcke entschieden, uns stattdessen mit zwei neuen Rucksäcken in Handgepäcksmaßen eingedeckt. Eine neue Kamera musste her: Handlich, einfach zu bedienen und die Bildqualität sollte natürlich auch nicht zu kurz kommen. Die Umstellung von Duschgel und Shampoo zu klassischer Stückseife und einem festen Shampoobar – mit Handgepäck ist  jede Einsparung von Flüssigkeiten von Vorteil für uns. Eine Auslandskrankenversicherung, internationale Führerscheine, ein neuer Reisepass, Zahnarzt & Co. – all die Arzttermine, die man sonst gerne mal vor sich herschiebt, bis der dritte SMS-Reminder der Praxis kommt – Impfungen, Tropenmediziner… All diese und viele weitere Themen begleiteten uns während unserer Vorbereitungen, an die man im ersten Moment nicht unbedingt denkt.

Wohnung. Aussortieren und merken, wie viel man eigentlich hat, vor allem wie vieles davon einfach super unnötig ist – ja, ich muss zugeben, bei dem negativ behafteten Wort „Konsumgesellschaft“ muss ich dann wohl meine Hand heben!

Shame on me…ich habe Klamotten in meinem Schrank gefunden, die entweder noch mit Etiketten versehen waren, an die ich mich absolut nicht erinnern konnte oder von denen ich nicht mehr wusste, dass ich sie überhaupt noch habe! Außerdem mindestens 5 klassische „Lakefleisch-Jeans“, die man bei jeder Kleiderschrankaktion in der Hand hat, weiß, man zieht sie nie wieder an, doch hebt sie mal auf für ein Outdoorevent mit Lagerfeuer. Dafür, dass ich von mir behaupten würde, ich bin definitiv kein Schmucktyp – Ohrringe, eine Uhr, ab und zu mal eine Kette oder ein Armband – musste ich feststellen, dass „kein Schmucktyp sein“ nicht zwangsläufig „kein Schmuck besitzen“ heißt.

Möbel, Deko, Bücher, Schnickschnack & Nibbes, das man sofort zum Verkaufen oder Verschenken „freigibt“, und zwischendurch immer wieder Dinge, an denen einfach das Herz hängt und mit denen man was besonderes verbindet. Bestes Beispiel hierfür ist unsere rote IKEA Hemnes Kommode – 108x96cm, drei Schubladen, rot, IKEA Standard – eigentlich ziemlich unspektakulär und nichts Besonderes. Doch erstens: unser damaliges Einzugsgeschenk von Manuels Eltern und außerdem: Irgendwann haben wir aufgehört, uns aus Urlauben klassische Souvenirs mitzubringen – die Dinge stehen mal ein paar Monate rum, man freut sich immer mal wieder drüber, doch am Ende landet das Zeug in der Schublade oder einer Keller-Kiste „Urlaubserinnerungen“. Seit ein paar Jahren bringen wir uns von unseren Urlaubszielen immer einen Schubladenknopf mit, tauschen ihn nach unserer Ankunft daheim an unsere rote Kommode aus und freuen uns jeden Tag beim dran vorbei laufen über die bunten Knöpfe, mit denen wir so viel mehr verbinden. Übrigens: Ein Originalknopf ist noch dran – heißt, das nehmen wir uns als Aufgabe mit auf unsere Reise!

„Zu Verschenken-Gegenstände“ verteilen, alles, was zum „Verkaufen“ identifiziert wurde fotografieren, in eBay und Kleiderkreisel Accounts laden. Fast täglich irgendwelche Päckchen und Umschläge zur Post bringen, Fragen beantworten, Preise verhandeln – eBay! Du kannst so anstrengend sein! – von Leuten, die um 50 Cent kämpfen wie um das eigene Leben, andere, die den geschenkten Artikel am liebsten noch nach Hause geliefert bekommen, wiederum andere, die Fragen stellen, die man erst zwei bis dreimal lesen muss und sich hinterher fragen, ob das ernst gemeint oder man doch irgendwie veräppelt wird und solche, die eine geschenkte Sonnenliege mit 2m Länge im Nissan Micra (inkl. zwei großen Kindersitzen auf der Rückbank und einem großen Hund auf dem Beifahrersitz) abholen kommen…

Doch: wir sind echt viel losgeworden und das Ganze tat irgendwie auch erstaunlich gut – alten Ballast loswerden und freimachen für etwas Neues! 

Das, was noch übrig ist und für uns von Wert,  steht nun bei meinen Eltern in den ehemaligen Kinderzimmern – verpackt in ein paar Umzugskisten…von Konsumgesellschaft keine Spur mehr – plötzlich kommt einem „minimalistisch“ doch ziemlich machbar und sympathisch vor.

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