Der Nebelwald von Monteverde, ein Ficusbaum der besonderen Art und eine regnerische Woche in La Fortuna

Der Nebelwald von Monteverde, ein Ficusbaum der besonderen Art und eine regnerische Woche in La Fortuna

Monteverde. Angekommen in dem beschaulichen und gemütlichen Örtchen Santa Elena/Monteverde, gibt’s für uns nur noch Abendessen, Flyer der zahlreichen Aktivitäten und Angebote checken bzw. vergleichen und dann schon ab ins Bett.

„Ein Minuspunkt in Costa Rica: Du kannst kaum was auf eigene Faust machen, alles kostet, die Preise sind saftig und für die meisten Sachen musst du eine Tour buchen um überhaupt was zu sehen!“, das war die Aussage, die wir von so vielen anderen Reisenden vorher bekommen und auf Reiseblogs gelesen haben. Spätestens jetzt wird uns klar, was damit gemeint ist. Nicht umsonst wird Costa Rica auch die Schweiz von Zentralamerika genannt. Ein Überangebot aus Flyern und Plakaten, ein Tourenanbieter der sich neben dem nächsten an der Hauptstraße reiht und verzweifelt versucht, die vorbeiströmenden Touristen auf sich aufmerksam zu machen. Ziplining, Baumwipfelpfad, Pferdereiten, Hängebrücken-Park, Schmetterlings- oder Orchideengarten, Kaffee- und Schokoladentouren, Froschbeobachtung, Quad-Touren, geführte Nachtwanderungen, und noch einige mehr – ja, in Monteverde hat man die Qual der Wahl. Nur die Auswahl an günstigeren oder selbstorganisierten Aktivitäten lässt sich an einer Hand abzählen.

Wir entscheiden uns schlussendlich für die Nachtwanderung – viele Dschungelbewohner sind nachtaktiv und den berühmten Rotaugenfrosch wollen wir unbedingt nochmal bei Dunkelheit sehen. Wir hatten tagsüber zwar schon das Vergnügen, doch dann sieht der Frosch eher farblos und unspektakulär aus und hat die Augen geschlossen. Pünktlich zu Anbruch der Dunkelheit werden wir abgeholt, ca. 30 Minuten später stehen wir zusammen mit 10 anderen Touris, unserem Guide und mit Taschenlampen bewaffnet am Waldrand. Los geht’s in absoluter Dunkelheit – für uns eine komplett neue Dschungelerfahrung, denn die Geräusche und Gerüche sind so noch viel intensiver als bei Tageslicht. Wir haben Glück beim Tierspotting und fragen uns ernsthaft, wie unser Guide das macht. Gefühlt ist kein Tier vor seiner Taschenlampe sicher – sogar zwei Stabheuschrecken entdeckt er, was irgendwie fast unmöglich ist. (Vielleicht hat er uns aber auch einfach einen Ast gezeigt, während er uns erzählt hat, wie toll sich die Heuschrecken tarnen können und hat sich bei unserem begeisterten „wooow“ ins Fäustchen gelacht 😄). Sobald er ein Tier ausgemacht hat, fordert er seine Gruppe in schlechtem Englisch auf „Turn the light off and maaake a saaandwich guys!“ – also: Taschenlampen aus (bis es auch der letzte kapiert hat und nochmal jeden einzelnen in der Gruppe mit seiner grellen Stirnlampe geblendet hat) und eng aneinander gedrückt wartend, bis der Guide mit seiner Lampe in irgendeine Baumkrone leuchtet. Er präsentiert uns Faultiere, verschiedenste Vögel und einen Kinkajou, eine seltene Art von Kleinbären (dabei gerät er selbst fast in Ekstase, weil das wohl echt selten passiert). In Sachen Krabbeltieren ist auch einiges los: von fetten, haarigen Spinnen, Skorpionen, über eine der gefährlichsten Schlangen der Welt (das finden wir ein bisschen gruselig) und natürlich dem Rotaugenfrosch ist alles dabei.

Für den nächsten Tag nehmen wir uns den Nebelwald vor – schließlich ist das der eigentliche Hauptgrund für unseren Stopp in der Gegend. Wir entscheiden uns für den kleineren der beiden Nationalparks, Santa Elena, weil dort alles an Eintrittsgeldern zurück an die Local Community geht und der Park außerdem weniger überlaufen sein soll. Dem können wir zustimmen – auf unserer Wanderung treffen wir nur eine Handvoll anderer Menschen. Darunter gleich am Anfang einen Vogelliebhaber, der ganz aufgeregt mit großem Teleskop am Wegesrand steht und uns Zeichen gibt, dass er was tolles vor der Linse hat. Wir staunen nicht schlecht – endlich: unser erster Quetzal. Er zählt zu den schönsten Vögeln der Welt und ist der Nationalvogel von Guatemala, wo er aber mittlerweile kaum noch gesichtet wird. Und dann auch gleich noch im Doppelpack und in voller Pracht – schon dafür hat sich unser Ausflug gelohnt. Der Nebelwald macht seinem Namen alle Ehre – Nebelschwaden breiten sich zwischen dem dicht bewachsenen Wald aus. Die Stimmung ist mystisch, die Gerüche frisch und klar, die Luft kalt und feucht und die Vegetation einfach unwirklich schön.

Mehr als einmal stehen wir da, den Kopf in den Nacken gelegt, ungläubig nach oben schauend – in solchen Momenten wird uns oft mal wieder bewusst, wie wunderschön dieser Planet ist, auf dem wir hier leben.

Nach 20 Minuten wird es nass. Was mit einem leichtem Tröpfeln beginnt, entwickelt sich in Windeseile zu gefühltem Bindfaden-Regen. „Zum Glück“ haben wir die Einmal-Regencapes im Rucksack, die wir uns irgendwann bei Starkregen in Mexico gekauft haben, um dann festzustellen, dass es schon wieder aufgehört hat, bis wir aus dem Geschäft kamen. Zum Glück in Anführungszeichen, weil sich die Teile bei dem Wetter als völlig unbrauchbar erweisen – wir sind nass bis auf die Knochen und irgendwann auch durchgefroren. Immerhin bescheren uns die Capes ein paar Lacher – wir fühlen uns wie bei „ein Männlein steht im Walde“. Unsere Wanderlaune lässt sich durch das Wetter auf jeden Fall nicht eintrüben. Die Natur ist wunderschön, wahnsinnig beeindruckend und irgendwie gehört so ein Wetter für einen Besuch im Nebelwald vielleicht einfach dazu – authentisch ist es auf alle Fälle.

Pflanzen, die auf Bäumem wachsen, die wiederum auf Bäumen wachsen – gefühlt ist jeder freie Millimeter doppelt und dreifach belegt und bewachsen. Es ist ein einzigartiger Ort. Nass und kalt warten wir auf den Bus zurück ins Dorf – dort scheint ganz unerwartet die Sonne und wärmt uns wieder auf.

Monteverde ist für uns auch in Sachen Bekanntschaften ein schöner Ort. Wir treffen einige nette Leute und haben spannende Gespräche. Darunter Lou und Romu, ein französisches Pärchen, das mit ihrem Hund und einem Van von Kanada nach Costa Rica reist. Wir haben die beiden in El Salvador kennen gelernt und uns nun Wochen später ganz zufällig hier wieder getroffen – das Hallo ist groß, wie ihr euch vorstellen könnt. Außerdem Matthias, der schon seit über 2,5 Jahren on the Road ist und viele spannende Geschichten zu erzählen hat. Er schreibt einen herrlich erfrischenden Blog – schaut gerne mal bei ihm vorbei 😉

Bevor wir am nächsten Tag weiterreisen, wollen wir noch den Ficusbaum anschauen, von dem unser Hostelbesitzer gesprochen hat. Eine der (noch) kostenlosen und wenig angesteuerten Ziele in der Umgebung. Wieder einmal (wir können diese Situationen in den letzten Tagen nicht mehr zählen), stehen wir mit offenen Mündern da und können kaum glauben, was die Natur hier geschaffen hat.

Diese Art von Ficus wächst nicht aus dem Boden heraus, sondern als „Parasit“ auf einem anderen Baum von oben nach unten. Mit seiner Umarmung nimmt er dem Wirt nach und nach Licht und Nährstoffe – Jahrzehnte später zerfällt der ursprüngliche Baum. Zurück bleibt das Wurzelwerk des Ficus und ein hohler Stamm. In diesem Riesen kann man von innen nach oben klettern wie auf einer Leiter. Eines unserer Highlights hier, ein schöner Abschluss in Monteverde und ein weiteres begeistertes Wow in der Reihe „Staunend in Costa Rica“.

Busfahren in Costa Rica, der zweite „Minuspunkt“ für uns in diesem (trotzdem wunderbaren) Land. Es stellt sich raus, dass Rumkommen mit öffentlichen Verkehrsmitteln hier gar nicht so einfach ist. Was in den anderen Ländern zuvor so einfach war, stellt uns in Costa Rica mehrfach vor Herausforderungen beim Versuch, die einfachste, beste und günstigste Variante rauszufiltern. Nur selten gibt es passende Direktverbindungen, alles spielt sich sternförmig um San José, der Hauptstadt des Landes ab und für viele Strecken muss man mehrere Busse und einen Umstieg dort in Kauf nehmen, auch wenn es viel einfachere und direkte Wege gäbe. Alternativ: überteuerte Shuttles in Minibussen. Für unsere Strecke nach La Fortuna entscheiden wir uns schlussendlich für die teure Touristen-Variante: Jeep-Boot-Jeep.

Der Jeep, der eher ein Kleinbus ist, holt uns pünktlich ab. Wir sind die letzten die einsteigen, sitzen demnach ganz hinten, weil das die einzigen noch freien Plätze sind. Nachdem nun alle Mitfahrer an Bord sind, dreht sich der Busfahrer nochmal um, stellt sich vor und erklärt, dass die Strecke die wir fahren alles andere als ruhig ist und es gar nicht unnormal ist, wenn den Passagieren auch mal schlecht würde, ganz besonders die hinteren Plätze sind die wackeligsten – prima! Manuel setzt sich direkt um, der Platz neben dem Fahrer ist noch frei. Ich wackele hinten weiter vor mich hin, hatte eigentlich vor einen Blogbeitrag zu schreiben, doch schnell ist klar: das kann ich unter diesen Umständen vergessen. Die Landschaft ist (mal wieder) der Hammer und wirkt teilweise richtig geheimnisvoll, weil in einem verrückten Tempo Wolken um uns rum aufziehen und genauso schnell auch wieder verschwinden. Den letzten Kilometer zum Arenalsee legt unser Fahrer rückwärts zurück, zu schlammig ist der Weg, um rückwärts und bergauf wieder raus zu kommen. Ein kleines Boot wartet schon auf uns – fliegender Wechsel: eine andere Gruppe geht gerade von Bord und steigt in unseren Bus. Die Bootsfahrt wurde uns vorher schon als spektakulär angepriesen, weil man vom See aus schon den Vulkan Arenal in einer tollen Kulisse sehen kann. Nicht heute! Der Himmel ist grau, kein Vulkan in Sicht – dafür nicht weniger spektakulär: ein Regenbogen, dem wir gemütlich entgegen schippern. Angekommen auf der anderen Seite des Sees steigen wir in den nächsten Kleinbus und rollen den Berg (dieses Mal sogar eine geteerte Straße) nach La Fortuna runter.

La Fortuna. Wir kommen genau (un)pünktlich zum Wetterumschwung zwischen Trocken- und Regenzeit, bleiben ganze sechs Tage in La Fortuna, doch haben leider kein Glück mit dem Vulkan – wir kriegen ihn kein einziges Mal komplett zu Gesicht. An manchen Tagen schüttet es durch, an anderen regnet es immer mal wieder heftig für ein oder zwei Stunden. Geplante Wanderungen schieben wir von Tag zu Tag, streichen sie schlussendlich wetterbedingt komplett von unserem Programm und nehmen uns auch sonst nicht viel vor. Wir gönnen uns eine Pause, räumen mal wieder alles aus dem Rucksack, sortieren aus, kümmern uns um unsere Wäsche und lassen die Eindrücke der letzten Wochen sacken.

In der Gegend um La Fortuna entspringen einige Quellen, die durch den Vulkan aufgeheizt werden und somit das perfekte Ziel für einen Regentag sind (für uns sogar zweimal). Die heißen Quellen sind auch der Grund, warum um La Fortuna etliche Wellness-Tempel entstanden sind, die geradezu zu einem warmen Bad einladen – zu entsprechenden Eintrittspreisen versteht sich. Ein Abschnitt des Tabacon Rivers ist allerdings frei zugänglich und Ziel der ganzen Backpacker und einiger einheimischen Familien. In natürlichen Pools auf mehreren Ebenen fließt das Wasser den Hang runter. Wir lassen uns gleich mehrere Stunden im badewannenwarmen Wasser treiben, während von oben kalter Regen auf uns runterprasselt und wir Affen in den Baumkronen beobachten können. Erst als unsere Haut richtig schrumpelig ist, packen wir zusammen und fahren zurück Richtung Stadt.

Den einzigen trockeneren Tag nutzen wir zur Abwechslung für eine Abkühlung im kalten Wasser am Waterhole, einer tieferen Stelle im Fluss. Ein kleiner Wasserfall und ein Seil, das von einem Baum runterbaumelt trägt zum Unterhaltungsprogramm bei – von Bauchflatscher bis kunstvoll Salto-drehende Tarzanverschnitte ist an diesem Tag alles dabei 😄.

Unser nächster Stopp ist der Nationalpark Manuel Antonio an der Pazifikküste – drei Busse und 9 Stunden Busfahrt stehen uns bevor…immerhin müssen wir in dem Fall nicht in San José umsteigen! Welch Wunder! 😉

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